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Smart Contracts - intelligente Verträge

Was sind Smart Contracts?

Smart Contracts sind Computerprogramme, die vertragliche Vereinbarungen technisch umsetzen und nach einer konditionalen „Wenn-Dann"-Logik automatisch ausführen. Wichtig: Der Smart Contract selbst ist rechtlich kein Vertrag im Sinne des § 861 ABGB, sondern ein technisches Ausführungsinstrument eines bereits wirksam geschlossenen Vertrages.

Funktionsweise: Ist eine bestimmte Voraussetzung erfüllt, tritt automatisch eine bestimmte Vertragsfolge ein. Die im Smart Contract enthaltenen Algorithmen können Vertragsbedingungen in Echtzeit überwachen und – im Rahmen der rechtlichen Zulässigkeit – automatisiert durchsetzen.

Anwendungsbeispiele

Beispiel 1 – E-Ladestation:
Sie betreiben eine öffentlich zugängliche Ladestation für Elektroautos. Der entnommene Strom wird automatisch erfasst und der digitalen Wallet des Fahrzeugs in Rechnung gestellt. Die Zahlung erfolgt automatisiert über Blockchain-Technologie.

Beispiel 2 – Lizenzverträge:
Bei Softwarelizenzen kann der Zugang technisch mit dem Zahlungsstatus verknüpft werden. Achtung: Automatische Sperrungen bei Zahlungsverzug sind rechtlich heikel und erfordern sorgfältige Vertragsgestaltung unter Beachtung von Besitzschutz und Verbraucherschutzrecht.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Der Einsatz von Smart Contracts unterliegt umfassenden rechtlichen Anforderungen, die zwingend zu beachten sind:

1. EU Data Act (seit 12. September 2025)

Die Verordnung (EU) 2023/2854 (Data Act) gilt unmittelbar in Österreich. Artikel 36 stellt verbindliche Anforderungen an Smart Contracts, die Daten-Sharing-Vereinbarungen ausführen:

  • Robustheit und Zugangskontrolle: Schutz vor Funktionsfehlern und Manipulation
  • Sichere Beendigung und Unterbrechung: Notfallmechanismen zur Vertragsstoppsetzung müssen vorhanden sein
  • Datenarchivierung und Kontinuität: Nachvollziehbarkeit aller Transaktionen
  • Prüfbarkeit: Dokumentation von Code, Logik und Transaktionsdaten
  • Konsistenz: Übereinstimmung mit der zugrundeliegenden Vereinbarung

Anbieter müssen eine Konformitätsbewertung durchführen und eine EU-Konformitätserklärung abgeben.

 

2. Problematik der automatischen Selbstvollstreckung

Das österreichische Recht kennt grundsätzlich keine elektronische Selbsthilfe. Automatische Sperren, Zugangskontrollen oder Sanktionen können gegen zwingendes Recht verstoßen:

  • Besitzschutz: Automatische Sperrungen können als unzulässige Besitzstörung qualifiziert werden (vergleichbar deutscher Rechtsprechung OLG Düsseldorf Az. I-20 U 116/20, bestätigt durch BGH)
  • § 344 ABGB (Selbsthilfe): Selbsthilfe ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig
  • Unverhältnismäßigkeit: Automatische Sanktionen müssen verhältnismäßig sein und dürfen nicht über das Vertragsobjekt hinausgehen

3. AGB-Kontrolle und Verbraucherschutz

Smart Contracts werden häufig als Allgemeine Geschäftsbedingungen qualifiziert und unterliegen daher:

  • Geltungskontrolle: Ausreichende Information und Einbeziehung (§ 864a ABGB)
  • Inhaltskontrolle: Verbot gröblich benachteiligender Klauseln (§ 879 Abs 3 ABGB)
  • Konsumentenschutzgesetz (KSchG): Bei B2C-Verträgen besonders strenge Maßstäbe
  • Transparenzgebot: Der Vertragsinhalt muss für Konsumenten verständlich sein – bloßer Code genügt nicht

 

Grenzen der Automatisierung

Smart Contracts eignen sich nur für Sachverhalte, die:

  • Eindeutig als „Wenn-Dann"-Beziehungen darstellbar sind
  • Keine komplexen rechtlichen Wertungen erfordern (z.B. „angemessene Vergütung", „Verschulden")
  • Ohne menschliche Einzelfallprüfung auskommen
  • Mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar sind

Begriffe, die Auslegung oder Ermessen erfordern, sind für Smart Contracts ungeeignet.

Vorteile bei korrekter Umsetzung

Bei rechtlich sorgfältiger Gestaltung bieten Smart Contracts:

  • Automatisierung: Reduktion manueller Abwicklungsschritte
  • Transparenz: Nachvollziehbarkeit aller Transaktionen
  • Kosteneffizienz: Verringerung von Transaktionskosten
  • Vertragssicherheit: Automatische Überwachung von Vertragsbedingungen

Unsere Leistungen

Als spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei bieten wir Ihnen:

Rechtliche Prüfung Ihrer Smart Contract-Vorhaben auf Vereinbarkeit mit österreichischem und EU-Recht
Vertragsgestaltung unter Berücksichtigung aller relevanten Rechtsnormen (ABGB, KSchG, UGB, Data Act)
Data Act Compliance – Sicherstellung der Konformität mit Artikel 36 VO (EU) 2023/2854
AGB-Gestaltung für Smart Contract-basierte Geschäftsmodelle
Risikoanalyse zu Haftungsfragen und Durchsetzbarkeit
Beratung zu B2C- und B2B-Anwendungen unter Berücksichtigung des Verbraucherschutzrechts

Wichtiger Hinweis

Die Zulässigkeit des Einsatzes von Smart Contracts ist zwingend im Einzelfall zu prüfen. Ohne umfassende rechtliche Beratung besteht erhebliches Haftungsrisiko. Wir empfehlen dringend eine Vorabprüfung vor der Implementierung.

Der bloße Einsatz von Blockchain-Technologie macht eine vertragliche Regelung nicht automatisch rechtmäßig. „Code is Law" gilt in Österreich nicht – österreichisches und europäisches Recht gehen vor.

 

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